KEHRTWENDE

Von der Wachstumsorientierung zur Nachhaltigkeitslogistik


Tagung Supply Chain Competence

21./22. September 2010. Leverkusen

© Rudolf L. Schreiber

60598 Frankfurt a. M.


„Wo kämen wir hin, wenn jeder sagte,

wo kämen wir hin und keiner ginge,

um zu sehen, wohin wir kämen,

wenn wir gingen.“

Das Zitat stammt von dem Berner Pfarrer Kurt Marty. Jedoch, um es gleich vorweg zu sagen, ich weiß auch nicht, wohin es gehen wird. Aber ich bin sicher: So wie bisher wird es nicht weitergehen.

Wir stehen, und darin sind sich Querdenker vieler Fachbereiche einig, vor der größten Herausforderung der Weltgesellschaft, einer Kehrtwende der Orientierung im Denken und Handeln.

Erstmals in der Geschichte steht der Mensch an der planetarischen Grenze seiner Expansionsmöglichkeiten. Bisher haben die modernen Kommunikations-medien und die weltumspannende Logistik die Globalisierung und das fortschreitende Wachstum ermöglicht.

Jetzt zeichnet sich ab, dass weiteres quantitatives Wachstum langfristig nicht möglich ist. Ein begrenzter Planet erlaubt kein unbegrenztes Wachstum. Die Belastbarkeitsgrenze des Ökosystems ist erreicht. Und die seit langem bekannte Ressourcenknappheit zeichnet sich verschärft ab.

Hierauf hinzuweisen und Sie darauf aufmerksam zu machen, ist das Anliegen meines Vortrags.

Kehrtwende: Aus der Geschichte lernen

Umweltkrise, Ölkrise, Klimakrise, Finanzkrise und Wirtschaftskrise – alle Krisen haben die gleichen Ursachen und sind die Folge der überbordenden Gier und des Machtstrebens weltweit wirksamer Akteure.

Das war schon immer so, nur begrenzt an verschiedenen Orten der Welt. Heute ist jede Krise zeitgleich eine globale Krise, die alle betrifft. Kein Staat, keine Wirtschaftsbranche und kein Unternehmen, das weltweit vernetzt ist, kann sich dieser historischen Dramaturgie entziehen.

Unsere Welt ist folglich nicht mehr die, die sie einmal war. Sie ist keine Welt mehr mit Einzelproblemen, sondern sie ist eine Welt mit einem Gesamtproblem: Heute geht es ums Ganze.

Jetzt werden wir durch die Folgen unseres Fehlverhaltens dazu gezwungen, in eine neue Phase des menschlichen Verhaltens aufzubrechen. Jetzt ist Bescheidenheit angesagt. Mehr Sein als Haben. Mehr Gerechtigkeit statt Ausbeutung. Mehr Miteinander und Kooperation statt ungezügeltem Wettbewerb.

Die Erde wird der Menschheit nur eine Überlebenschance bieten, wenn wir die Herausforderung einer Umkehr annehmen und neue Wege für eine nachhaltige Entwicklung im Einklang mit der Natur finden.

Die Geschichte kennt keine Dauerlösungen, doch wir müssen aus der Geschichte lernen. Besonders die Wirtschaftswissenschaftler haben es nötig. Eine rationale Analyse des Kapitalismus wird verweigert. Etablierte „Markttheologen“ glauben immer noch daran, dass der Markt alles von allein regeln wird.

Der Markt regelt das Kapital, aber nicht die Moral. Er ist nicht moralisch. Die soziale Marktwirtschaft mutierte zur Machtwirtschaft. Sie ist auf Habgier aufgebaut, auf Macht und maximales Wirtschaftswachstum.

Wo bleiben bei dieser Bewertung die Werte des Lebens?

Unsere Zukunft kann keine Fortsetzung der Vergangenheit oder der Gegenwart sein. Wir brauchen eine Neuorientierung der Weltgesellschaft, eine Rückbesinnung auf das Wesentliche, auf menschliche Werte und mehr Gerechtigkeit und nachhaltige Entwicklung.

Nachhaltiges Wirtschaften jenseits des Wachstums 

Die Klima-, Ressourcen- und Finanzkrise belegen das Scheitern des auf Wachstum basierenden Wohlstandsmodells. Doch wohin geht die Entwicklung? Gibt es machbare Wege für eine Post-Wachstums-Ökonomie?

Die letzten Jahrzehnte wurden durch eine Fixierung auf ein Wirtschaftswachstum ohne Rücksicht auf die Regenerationsfähigkeit der Gemeingüter (Biosphäre) bestimmt. Die Wachstumsorientierung hat in die Krisen geführt und wird in die nächste führen, wenn keine Umkehr erfolgt:

  • Die Klimakrise ist entstanden, weil für das Wirtschaftswachstum zu hohe Emissionen in Kauf genommen werden.
  • Die Finanzkrise entstand, weil das Gemeingut Finanzmarkt durch überhöhtes Wachstum zu Lasten der Allgemeinheit übernutzt wurde.
  • Die Staatsschuldenkrise ist entstanden, weil die Politik auf Wachstum fixiert ist und mit Staatsausgaben den Rückgang des Wirtschaftswachstums aufhalten wollte.

Die Wachstumsfixierung der Politik ist eine Sackgasse. Die Zukunftsprobleme sind nicht durch Wachstum, sondern nur durch nachhaltige Entwicklung lösbar. Sie baut auf Veränderung statt quantitatives Wachstum.

Auch die Behauptung, wir brauchen Wachstum um die Vollbeschäftigung zu erreichen, ist falsch,

  • Seit 1970 ist durch Wirtschaftswachstum keine Vollbeschäftigung erreicht worden.
  • Vollbeschäftigung bedarf verbindlicher Lebensarbeit, weniger Ausbeutung und mehr Verteilungsgerechtigkeit

Fazit: Das oberste Ziel der Wirtschaftspolitik darf nicht mehr Wirtschaftswachstum sein, sondern Nachhaltigkeit.

Doch noch immer setzt die Wirtschaftspolitik auf weiteres Wachstum und begründet dies damit, Armut zu mildern und nachhaltige Entwicklung zu finanzieren.

Dabei erodieren immer offensichtlicher die ökonomischen Grundlagen des Wachstums und es wird immer deutlicher, dass die ökologischen Grenzen die Wachstumsgrenzen der Wirtschaft bestimmen werden.

Schon lange entlarvt sich das Konsummodell der Wohlstandsgesellschaft als Angebot ohne Seele. Es werden zwar immer mehr Waren angeboten, aber immer weniger die wirklichen Bedürfnisse des Menschen nach Geborgenheit und Sicherheit befriedigt.

Eine von der Bertelsmann-Stiftung im Juli 2010 durchgeführte Befragung von 2000 Personen in Deutschland und Österreich bestätigt dies aus Konsumentensicht:

  • Neun von zehn Befragten plädieren für eine neue Wirtschaftsordnung mit dem Ziel der nachhaltigen Entwicklung
  • Eine Dreiviertel-Mehrheit erklärt, dass für sie ein Wachstum an materiellem Wohlstand weniger wichtig ist als die Zukunftssicherung für künftige Generationen

Das sollte Mut machen, und wir sollten von der Natur lernen. Die Natur kennt kein unbegrenztes Wachstum: Bäume wachsen zum Himmel, nicht in den Himmel.

Wir müssen Wachstum als Veränderung (Metamorphose: Raupe – Schmetterling) verstehen – so wie sich in der Natur quantitatives Wachstum mit qualitativem Wachstum abwechselt und zur Veränderung führen.

Immer mehr auf Zeit geht nicht – immer besser geht immer.

Letzte Ölung: Wann kommt der Peak Oil?

Ein Think Tank der Bundeswehr hat die Folgen sinkender Ölförderung in einer neuen Studie verdeutlicht. Es geht um den Peak Oil, der Zeitpunkt, zu dem die globale Ölförderung allmählich zurückgehen wird. Die Studie warnt:

  • vor Verschiebungen des Machtgleichgewichts
  • vor einem Komplettversagen der Märkte
  • vor politischen und wirtschaftlichen Krisen

Die Bundesregierung ist aufgrund der Studie mit Recht besorgt:

  • Öl wird zum Machtfaktor internationaler Politik
  • Engpässe in der Nahrungsmittelversorgung werden auftreten
  • Das globale Wirtschaftssystem bricht zusammen
  • Ein Rückfall in die Planwirtschaft wird notwendig.
  • Eine globale Krise ist die Folge, der Fortbestand der Demokratien gefährdet 

Energierohstoff-Experten erwarten schon bis zum Jahr 2018 den Peak Oil, das Produktionsmaximum bei Erdöl aus konventionellen Vorkommen.

Die zu erwartende Ölknappheit stellt ein globales, systematisches Risiko dar. 95 % aller industriell gefertigten Produkte hängen heute vom Erdöl ab. Er ist der wichtigste Rohstoff bei der Herstellung von allen Kunststoffen, Farbstoffen, Pharmazeutika und vielen weiteren Produkten.

Erdöl ist auch der Ausgangsstoff für die meisten Treib- und Schmierstoffe und damit eine Grundvoraussetzung für den Transport großer Warenmengen über lange Strecken.

Containerschiffe, Flugzeuge und Lastkraftwagen bilden neben der Informations-technologie das Rückgrat der globalen Wirtschaft.

Ohne den kostengünstigen internationalen Warentransport und auch die ölbasierte regionale Mobilität ist die praktizierte Marktwirtschaft nicht denkbar.

Der scheinstabile Zustand in der jetzigen Zeit basiert auf der beiderseitigen Abhängigkeit der Ex- und Importeure und einer beträchtlichen Präsenz des US-Militärs im arabischen Raum.

Besonders gefährdet ist die Versorgung mit existentiell wichtigen Gütern wie Lebensmittel. Das betrifft nicht nur ihren Transport, sondern auch ihre Erzeugung mit ölbasierten Düngemitteln.

Und – wenn der Peak Oil eintreten sollte, wird er in kürzester Zeit zum Peak Everything, dem Überschreiten des Konsumgipfels der Wohlstandsgesellschaft führen.

Die neue Sicht der Wirklichkeit

Seit Beginn der Ölförderung bis heute wurde dadurch wachsender Wohlstand auf der Welt ermöglicht. Jetzt mehren sich die Anzeichen, dass die gute Zeit zu Ende geht.

Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko mit Folgen für das Ökosystem und die Finanzkrise, mit Folgen für das ökonomische und soziale System der Staaten sind Zeitzeichen für eine notwendige Umkehr.

Die Grenzen des Wachstums werden schärfer. Mehr Ölförderung, mehr Wachs-tum, mehr Wohlstand ist keine Zukunftsperspektive mehr.

Wir brauchen ein neues Wirtschaftsmodell, eine dritte industrielle Revolution, ein Denken von den Grenzen des Ökosystems. Ein Abwenden von Wachstum und eine Hinwendung zur Veränderung durch nachhaltige Entwicklung.

Auch wenn die dargestellten Entwicklungen der Studie nicht zwangsläufig wie beschrieben eintreffen, so ist es doch notwendig, uns heute schon auf den Peak Oil einzustellen und neue Strategien zu entwickeln.

Wir brauchen eine neue Sicht der Wirklichkeit und eine Strategie für die Nachöl-Zeit. Wir dürfen die unbestreitbaren Fakten und Konsequenzen nicht mehr ausblenden: Der Eintritt des Peak Oil ist früher oder später unvermeidlich.

Nun ist die Zukunft nicht voraussehbar, aber wir müssen uns auf sie einstellen. Doch auf welche?

Wohin geht die Zukunft? Drei mögliche Szenarien

Die Global-Marshall-Plan-Initiative hat unter der Leitung von Prof. Dr. Franz-Josef Radermacher drei Zukunftsszenarien entwickelt und macht trotz bedrohlicher Alternativen Hoffnung auf eine Welt mit Zukunft:

Szenario 1: Weiter wie bisher.

Ein Weiter wie bisher, ein Ignorieren der realen Fakten wird zur Katastrophe führen. Naturkatastrophen, Aufstände und Kriege um Ressourcen werden letztlich zum Kollaps führen.

Szenario 2: Ressourcendiktatorische Sicherheitsregime

Bestimmung über die Ressourcen durch massiven Einsatz militärischer und anderer Macht. Bildung einer globalen Elite (Luxusklasse) gegenüber der Verarmung von 80 % der Bevölkerung auch in den reichen Ländern (Brasilianisierung).

Eine solche Entwicklung wird Ablehnung, Hass und Terror fördern. Die bisher funktionierende Marktwirtschaft wird zusammenbrechen, Demokratien geraten in Gefahr – die Welt wird ein Hexenkessel.

Szenario 3: Ökosoziale Marktwirtschaft

Das Modell der Hoffnung und im Kern der ordoliberale Ansatz regulierter Märkte wie er für Europa und die asiatischen Volkswirtschaften typisch ist. Dieses Modell würde im Rahmen eines Weltvertrags zu einer Form von Weltinnenpolitik mit weltdemokratischem Charakter führen.

Wenn wir den Wunsch hegen, die Menschheit möge noch lange Zeit eine lebenswerte Zukunft haben, gibt es keine Alternative zum Szenario III und zur freiwilligen Begrenzung unserer Ansprüche und der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung in der Welt.

Es kommt jetzt darauf an, ein nachhaltiges Wirtschafts- und Gesellschaftssystem aufzubauen, das sich von der einseitigen Gewinnorientierung abwendet und das Ganze im Auge hat:

  • Die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen
  • Den Wandel der Wirtschaft zur Nachhaltigkeit
  • Die Schaffung von Arbeitsplätzen
  • Die Förderung von Gerechtigkeit

Für die Durchsetzung dieser richtigen, aber bisher nicht konsequent verfolgten Ziele gibt es noch keine Wirtschaftstheorie und wenig Literatur. Die Erarbeitung ihrer Grundlagen wird nicht einfach sein und viel Zeit in Anspruch nehmen. Doch auch der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt.

 

Nachhaltige Entwicklung

Nachhaltigkeit ist keine Erfindung der Neuzeit, sondern ein Codex der kulturellen Evolution. Sich den Regeln und Grenzen der Natur unterzuordnen und vorsorgend vorausplanen war überlebensnotwendig.

Das ist heute nicht anders. Nur betrifft nachhaltiges Verhalten nicht mehr nur den unmittelbaren Lebensraum, sondern die ganze Erde und die Folgen der Fehlentwicklung wie Klimawandel und Artensterben sind globale Probleme.

Nachhaltige Entwicklung ist nach der Globalisierung im letzten Jahrhundert der Megatrend im 21. Jahrhundert. Sie ist einzuleiten und ist kurzfristig oberstes Gebot.

Wir brauchen eine Zivilisation der Nachhaltigkeit und eine Wirtschaft, die motiviert ist, die Rettung der Welt als ihr größtes Geschäft zu verstehen,. Eine Wirtschaft, die ihren Sinn wieder darin sieht, eine Entwicklung einzuleiten, die Lebensqualität über die größtmögliche Zeit für die größtmögliche Zahl der Menschen anstrebt, die Natur erhält, Arbeit schafft und soziale Gerechtigkeit fördert.

Green Logistics – alte Leistungen im neuen Kleid

Mit dem Begriff „Green Logistics“ erzielt man über die Internet-Suchmaschine 15 Millionen Treffer. Doch bei der Suche nach einer eindeutigen Definition stößt man auf eine große Verständnisvielfalt.

Darauf möchte ich nicht weiter eingehen, sondern mich darauf begrenzen, dass unter Green Logistics heute ein integraler Faktor der Unternehmensführung entlang der Wertschöpfungskette von der Produktentwicklung bis zur Entsorgung verstanden wird.

Green Logistics bedeutet, dass alle logistischen Einzelleistungen hinsichtlich ihres Einflusses auf die Umwelt und Gesellschaft überprüft und bewertet werden. Das ist im Prinzip heute eine Selbstverständlichkeit.

Doch – und das ist erstaunlich – bieten zur Zeit laut einer Untersuchung von Price Waterhouse Coopers nur 30 % der 71 befragten Logistik-Unternehmen klimaneutrale Transporte an. Die Mehrheit will auch in absehbarer Zeit keine Produkte anbieten.

Das ist bedenklich, denn der Druck von Konsumenten auf Hersteller und Handel steigt. Sie sind auf der Suche nach ökologisch orientierten Logistik-Angeboten, um sich damit im Markt zu profilieren.

Dass es in der Logistik-Branche Umweltprobleme gibt, ist selbstverständlich und nicht neu. Die Schifffahrt war schon in der Vergangenheit ein Sorgenkind. Auf ihrem Höhepunkt umfasste die Mittelmeerflotte 10.000 Schiffe. Für den Bau eines Segelschiffes benötigte man 2.000 Eichen. Das bedeutete, dass für den Bau aller Schiffe rund 20 Millionen Eichen gefällt werden mussten. Dieser Kahlschlag hat alle Regionen im Mittelmeerraum verändert.

Heute werden zwar für die Schifffahrt keine Eichen mehr gefällt, dafür verursacht sie in Europa rund 29 % aller Stickoxid-Emissionen. Über die Weltmeere schippern derzeit 100.000 Schiffe. Sie verfeuern Schweröl (Bunkeröl) und belasten damit die Umwelt ähnlich stark mit Feinstaub, Schwefel und Kohlendioxid wie der weltweite Autoverkehr.

Bei diesen Belastungen ist es kein Wunder, dass die Trendstudie „Green Shipping“ von der Hypovereinsbank (2/2009) zur ökologischen und nachhaltigen Entwicklung der Schifffahrt rät.

Es gibt viele Möglichkeiten der Treibstoffeinsparung, neue technische Lösungen im Schiffsdesign sowie für die Binnenschifffahrt. Sie sollten alle zügig genutzt werden, sonst wird die EU mit gesetzlichen Maßnahmen eingreifen.

Mein Anliegen heute ist nicht, Sie auf die Vielfalt dieser Möglichkeiten hinzuweisen, sondern abschließend auf neue Perspektiven einer nachhaltigen Entwicklung aufmerksam zu machen.

 

Vom Green Logistics-Anbieter zum Nachhaltigkeitspartner

Die Logistik-Wirtschaft ist wie kaum eine andere Branche in aller Welt vernetzt. Ihre Bedeutung für die gesamte Weltwirtschaft ist von unermesslichem Wert. Vor diesem Hintergrund sind alle Bemühungen kurzfristig zu fördern, die die Logistikbranche vom Öl unabhängig macht.

Für eine zukunftsfähige Entwicklung der Branche ist darüber hinaus von beson-derer Bedeutung, neue Leistungsbereiche anzubieten und neue Nachhaltigkeits-märkte zu erschließen. Beispiele:

  • Intra-Logistik: Ein Leistungsbereich der Logistik-Wirtschaft, der auch aus Sicht einer ökologisch optimierten Prozessoptimierung ausbaufähig ist. Sie hilft, Transporte und Lagervolumina durch Innovationen zu senken. IKEA geht inzwischen so weit, dass sie bereits beim Produktdesign den späteren Transportaufwand in Kartons berücksichtigen.
  • Ballungsraum-Logistik: Die Hälfte der Menschen lebt in Großstädten und Ballungsräumen. Die Anzahl steigt weiter und mit ihr die Probleme. Die meist historisch gewachsenen Versorgungsstrukturen werden in Zukunft für eine sichere Versorgung der Bevölkerung nicht mehr ausreichen. Hier werden neue logistische Konzepte für den Transport und die Lagerung benötigt werden.

Überhaupt ist die Regionalversorgung ein weites Feld für eine nachhaltig orientierte Logistik in Regionen. Noch vor 100 Jahren bezogen wir rund 95 % unserer Lebensmittel aus dem Umkreis des Kirchturms. Heute sind es vielerorts nur noch 5 %.

Der Lebensmittelkonsum ist in den letzten Jahren kaum gestiegen, aber der Transport hat sich verdoppelt: zu Lasten der Landschaft, zu Lasten des Klimas und zu Lasten der verfügbaren Arbeit in der Region.

Der in vielen Bereichen unsinnige Lebensmittel-Tourismus muss ein Ende finden. Lebensmittel werden kreuz und quer über den Kontinent gefahren – spanische Tomaten nach Holland, holländische Butter nach Spanien, Hühnerschenkel aus China, Äpfel aus Neuseeland –, während das Obst in den ländlichen Regionen der Heimat verrottet.

Warum muss alles aus größerer Entfernung „just in time“ geliefert werden, wenn es auch in kleineren Lagern vor Ort gebündelt werden kann?

Langsam zeigt sich eine Umkehr zur Regionalversorgung an. Zunehmend beschaffen Unternehmen ihre Waren bzw. Vorprodukte wieder verstärkt regional, um lange Transportwege zu vermeiden.

United Regions-Initiative

Weltweit müssen wir tun, was in guten Staaten funktioniert, nicht, was noch nie in einem Staat funktioniert hat.

Mit dieser Zielsetzung arbeiten wir für die Regierung von Unterfranken im Bereich Wasserwirtschaft und Grundwasserschutz. Das Motto der regionalen Kampagne für nachhaltige Entwicklung lautet:

So nah wie möglich, so weit wie nötig

Diese Richtlinie für eine erfolgreiche, regional orientierte Wasserversorgung wird jetzt zusammen mit dem Bauernverband und ökologischen Anbauverbänden auf die Landwirtschaft übertragen.

Der Landkreis Rhön-Grabfeld in Unterfranken wurde als Modellregion für nach-haltige Entwicklung bestimmt. Zur Zeit sind wir mit einer Gruppe von Fach-beratern dabei, für verschiedene Bereiche nachhaltige Entwicklungskonzepte auszuarbeiten. Ein interessantes Projekt verfolgen wir gemeinsam mit dem ökologischen Landbauverband Bioland e.V.

Nach erfolgreichem Test im Landkreis Rhön-Grabfeld besteht die Absicht, mit Partnerverbänden im Ausland in möglichst vielen Staaten Modellregionen zu realisieren. Hierfür suchen wir auch für den Bereich Nahversorgung und Logistik ein innovatives Konzept.

Sollte der Peak Oil kurzfristig kommen, so wird er auch diese Initiative bremsen, aber noch sind wir frohen Mutes und es macht Sinn, sich für Zukunft einzu-setzen.

Mut zur Zukunft – neue Chancen für Logistiker

Die Welt braucht eine bessere Logistik – und Logistik verdient einen höheren Stellenwert. Sie ist eine zukunftsentscheidende Leistung, die politische Anerkennung und gesellschaftliche Wertschätzung verdient.

Das müssen als erstes die Logistiker selbst begreifen. Sie verkaufen sich heute als Partner einer lebenswerten Zukunft unter Wert.

Es gilt, den Beruf als Leitbildberuf herauszustellen und für eine höhere Wertschätzung und Akzeptanz des Berufes in der Gesellschaft zu sorgen.

Ich setze auf Sie!

Rudolf L. Schreiber

Sept. 2010